Veranstaltung: | Landesdelegiertenversammlung am 7. & 8. Dezember 2024 in Idar-Oberstein |
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Tagesordnungspunkt: | 6 Anträge II |
Antragsteller*in: | Jutta Dietz (KV Ahrweiler) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 28.10.2024, 23:27 |
A-2: Maßnahmen zum Hochwasserschutz strukturell und finanziell stärken
Antragstext
Drei Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal konnte dort mittlerweile
erhebliches Potential zur Starkregenvorsorge aufgezeigt werden – insbesondere
durch den Bau von Regen-Rückhaltebecken, Maßnahmen zur Verbreiterung des
Flussbettes und weitere technische und natürliche Hochwasserschutzmaßnahmen.
Weil die Prozesse für Planung und Bau von Regen-Rückhaltebecken und anderen
Schutzmaßnahmen erfahrungsgemäß aber sehr langwierig sind, gehen Schätzungen
davon aus, dass erst in 40 Jahren ein akzeptabler Hochwasserschutz erreicht sein
wird.
Das Land Rheinland-Pfalz kann vor allem in der Organisation der entsprechenden
Verwaltungseinheiten in den Landkreisen und in den Landesbehörden wie der SGD
durch eine rechtzeitige ausreichende Ausstattung mit finanziellen Mitteln und
Fachpersonal einen entscheidenden Beitrag leisten. In diesen Bereichen ist in
den nächsten Jahren mit einer Vielzahl von technischen Planungen, und
Genehmigungen zu rechnen. Doch bereits heute ist ein Engpass bei der Bearbeitung
der Bauleitplanung und den wasser- und umweltrechtlichen Prüfungen und
Bewertungen zu erkennen.
Wir setzen uns auf allen Ebenen dafür ein, dass die notwendigen Ressourcen
für die Planung, Genehmigung und Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen
bereitgestellt werden. Insbesondere sehen wir den Aufbau von ausreichend
Personalressourcen für die Planung und Genehmigung von Maßnahmen zum
Hochwasserschutz und der Starkregenvorsorge bei den betroffenen
Kreisverwaltungen und der SGD als erfolgskritisch an, um die Planungs- und
Genehmigungsprozesse zügig abzuwickeln.
Der Referentenentwurf auf Bundesebene für das „Gesetz zur Verbesserung des
Hochwasserschutzes und des Schutzes vor Starkregenereignissen sowie zur
Beschleunigung von Verfahren des Hochwasserschutzes“ schlägt wichtige
Schritte zur Stärkung des Hochwasserschutzes auch in Rheinland-Pfalz vor.
Gerade mit Blick auf Beschleunigung von Verfahren, die Regelungen zum
Starkregenrisikomanagement und deren Finanzierung oder den Umgang mit
Brückenbauwerken und Gefahrengebieten drängen wir aber auf ein noch
ambitionierteres Vorgehen. Auf Landesebene werden wir uns für eine
schnellstmögliche Umsetzung und Anpassung entsprechender Landesgesetze
einsetzen.
Damit künftig von Hochwasser betroffene Kommunen landes- und bundesweit
von den Erfahrungen aus dem Aufbau der Einrichtungen und Maßnahmen zum
Hochwasserschutz profitieren können, empfehlen wir der Landesregierung,
dem Landkreis und den betroffenen Kommunen im Ahrtal, in einer
konzertierten Aktion das Einzugsgebiet der Ahr zu einer Modellregion für
die Umsetzung von Maßnahmen zum Hochwasserschutz und der
Starkregenvorsorge zu machen.
Es ist wichtig, die Erfahrungen aus dem Wiederaufbau des Ahrtals und aller
anderen von dem Starkregenereignis im Sommer 2021 betroffenen Regionen
systematisch zu erfassen und wissenschaftlich zu dokumentieren. Dies soll
durch unabhängige wissenschaftliche, interdisziplinäre Expertise erfolgen
– z. B. im Rahmen des KAHR-Projekts oder in einem Nachfolgeprojekt. So
wollen wir sicherstellen, dass die Herausforderungen, Erfolge und
Hindernisse beim Wiederaufbau sowie in der Zusammenarbeit mit Behörden,
Versicherungen und dem Wiederaufbaufonds – gerade auch für betroffene
Privatpersonen – umfassend und transparent ausgewertet und die notwendigen
Schlüsse für den Wiederaufbau nach zukünftigen Katastrophenereignissen
gezogen werden.
Begründung
Drei Jahre nach der Katastrophe in Folge des Starkregenereignisses im Sommer 2021 ist aus unserer Sicht die Gefahr groß, im täglichen Klein-Klein zu ermüden. Die Gefahr, dass die "Hochwasser-Demenz"
obsiegen könnte, ist konkret. In der Vergangenheit ereigneten sich im Ahrtal etwa alle 100 Jahre Katastrophen wie 2021. Schon nach einer vergleichbaren Hochwasser-Katastrophe 1910 verstaubten Pläne in den Archiven. Nun häufen sich aufgrund der steigenden Temperaturen die Starkregenereignisse europaweit. Realistischerweise müssen wir also für das Ahrtal und andere Flusstäler in unseren Mittelgebirgen davon ausgehen, dass wir zukünftig sehr viel öfter mit solchen Ereignissen rechnen müssen.
Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass aufgrund der Komplexität der Aufgabenstellung ein wirksamer Hochwasserschutz im Ahrtal erst in rund 40 Jahren umgesetzt sein wird. Weil aber die Häufigkeit von Starkregenereignissen zunehmen wird, ist Eile geboten bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen. Darum müssen wir bei Planung und Bau der Schutzmaßnahmen vom üblichen Vorgehen abweichen. Zu zeigen, dass dies geht, ist eine herausfordernde, aber lohnende Aufgabe, der wir uns nicht nur stellen sollten, sondern der wir uns zum Schutz der Bürger*innen stellen müssen. Das Ahrtal könnte dazu als Blaupause für alle Mittelgebirgsregionen dienen.
Erläuterungen zu 1. (Ressourcen für Planung und Genehmigung)
Die Vorplanung und Untersuchungen zu möglichen technischen Maßnahmen zum Hochwasserschutz im Ahrtal haben erhebliches Potential aufgezeigt. Die Dimensionen – insbesondere für den Bau der Regen-Rückhaltebecken – sind jedoch gewaltig. Wir sehen es als notwendig an, die Planungen durch die Beauftragung von ausreichender Ingenieurkapazität zu beschleunigen.
Wir wissen, dass dieses Problem auch in anderen Regionen unseres Bundeslandes besteht. Um die Aufgaben lösen zu können, müssen die betreffenden Landkreise bzw. Zweckverbände über ausreichend Ressourcen verfügen können. Darüber hinaus wird zur Bearbeitung der notwendigen Genehmigungen, der Anpassung der Flächennutzungspläne und der Bauleitplanung zusätzliches Fachpersonal bei den Kreisverwaltungen und der SGD erforderlich sein. Ein entsprechender Personalaufbau in den Genehmigungsbehörden muss darum jetzt beginnen. Hierfür muss das Land schnellstmöglich im Zusammenspiel mit dem Bund die finanziellen Grundlagen schaffen.
Erläuterungen zu 2. (bundesweit "überragendes öffentliches Interesse" verankern)
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Genehmigungen von Hochwasserschutzmaßnahmen müssen verändert werden. Wir schlagen vor, dass der Bund ein "überragendes öffentliches Interesse" für den Bau technischer Hochwasserschutzeinrichtungen feststellt. Damit würde der Genehmigungsprozess vereinfacht und beschleunigt – ähnlich wie bei der Genehmigung der Windkraft-Anlagen. Dies zu erreichen, muss eine vorrangige Aufgabe aller politischen Akteur*innen in den betroffenen Landkreisen sowie auf Landes- und Bundesebene sein.
Erläuterungen zu 3. (Bundesgesetz zum Hochwasserschutz unterstützen und Landes-Aufgaben zügig umsetzen)
Das in der Planung befindliche "Gesetz zur Verbesserung des Hochwasserschutzes und des Schutzes vor Starkregenereignissen sowie zur Beschleunigung von Verfahren des Hochwasserschutzes" zielt darauf ab, bundeseinheitliche Standards für die Bewertung von Hochwasser- und Starkregenrisiken und die Erstellung und Veröffentlichung von Gefahren- und Risikokarten zu schaffen. Außerdem soll der Ausnahmenkatalog für die Genehmigung von Bauvorhaben in ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten überprüft und wenn nötig angepasst werden, um Risiken zu minimieren. Das begrüßen wir.
Der Gesetzentwurf schlägt unter anderem vor, die Erstellung von örtlichen Starkregenvorsorgekonzepten und die Entwicklung eines Starkregenrisikomanagements in den Gemeinden zu etablieren. Dadurch sollen die Risiken starkregen- und sturzflutbedingter nachteiliger Folgen auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe sowie wirtschaftliche Tätigkeiten und Sachwerte verringert werden.
Um alle vor den Gefahren zu schützen, müssen solche Pläne landesweit erstellt werden. Zudem muss sich in der Bevölkerung ein Bewusstsein für die Gefahren schärfen. Es müssen regelmäßige Übungen in allen Kommunen zum richtigen Verhalten bei Katastrophen stattfinden etc. Dazu muss – insbesondere solange der Hochwasserschutz noch nicht aufgebaut ist – eine Kultur des Katastrophenschutzes entwickelt werden, so wie es die Enquête-Kommission des Landtages zu den „Zukunftsstrategien zur Katastrophenvorsorge“ vorgeschlagen hat.
Erläuterungen zu 4. (Modellregion für Hochwasserschutz)
Eine schnelle und konsequente Umsetzung des Hochwasserschutzes und der Starkregenvorsorge im Kreis Ahrweiler bietet die Chance, aus dem Ahrtal eine Modell- und Vorzeigeregion für ganz Deutschland werden zu lassen. Das kann uns die Kraft geben und Leitschnur sein, um in den nächsten 10 Jahren Gewaltiges zu leisten.
Darüber hinaus sollte das Wissen, dass
bei Planung und Bau der Schutzmaßnahmen,
der Integration von Maßnahmen zum natürlichen Regenrückhalt in der nicht bebauten Fläche und
der Entwicklung von Maßnahmen zum Katastrophenschutz
im Kreis Ahrweiler und den anderen von der Flut 2021 betroffenen Landkreisen entsteht, modellhaft entwickelt und anderen Regionen zur Verfügung gestellt werden.
Erläuterungen zu 5. (Erfahrungen aus dem Wiederaufbau strukturiert aufarbeiten)
Wir müssen die vielen Erfahrungen aus dem Wiederaufbau und die Probleme mit Behörden, Versicherungen, dem Wiederaufbaufonds und anderen gesetzlichen Rahmenbedingungen aufarbeiten. Zu oft wurden unter den Rahmenbedingungen des Wiederaufbaufonds und existierender Engpässe nicht mehr zeitgemäße Strukturen wieder aufgebaut, statt moderne und zukunftsgerichtete Lösungen umzusetzen.
Um dies transparent aufzuarbeiten, sollte ein interdisziplinär besetztes Begleitprojekt entweder im Rahmen des KAHR-Projekts oder in einem Nachfolgeprojekt ins Leben gerufen werden. In diesem Rahmen sollte ermittelt werden, wie nach zukünftigen Katastrophen statt eines einfachen Wiederaufbaus ein zukunftssicherer Neuaufbau umgesetzt werden kann. Es bedarf einer transparenten öffentlichen Diskussion, um durch unsere Erfahrungen für weitere Starkregenereignisse landes- und bundesweit besser gewappnet zu sein.
Unterstützer*innen
- Hardy Rehmann (KV Ahrweiler)
- Klaus Puchstein (KV Ahrweiler)
- Judith Velten (KV Ahrweiler)
- Ruth Pütz (KV Ahrweiler)
- Albert Dietz (KV Ahrweiler)
- Rainer Schlich (KV Ahrweiler)
- Verena Örenbas (KV Ahrweiler)
- Reiner Pürling (KV Ahrweiler)
- Claudia Schmitz (KV Ahrweiler)
- Paul-Josef Sieger (KV Ahrweiler)
- Andreas Resch (KV Ahrweiler)
- Christoph Scheuer (KV Ahrweiler)
- Walter Rick (KV Ahrweiler)
- Jutta Bruns (KV Ahrweiler)
- Jutta Pürling (KV Ahrweiler)
- Cordula Clausen (KV Ahrweiler)
- Wolfgang Gückelhorn (KV Ahrweiler)
- Dominik Hering (KV Ahrweiler)
- Ingo Binnewerg (KV Ahrweiler)
- Natalie Wendisch (KV Ahrweiler)
- Alois Frische (KV Ahrweiler)
- Ralf Urban (KV Ahrweiler)
- Vera Wondratscheck (KV Ahrweiler)
- Andrea Lawrenz (KV Ahrweiler)
- Hans Schach (KV Ahrweiler)
- Melani Pelaez (KV Mainz-Bingen)
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