Veranstaltung: | Landesdelegiertenversammlung am 7. & 8. Dezember 2024 in Idar-Oberstein |
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Tagesordnungspunkt: | 4 Inhaltlicher Schwerpunkt: Zukunft macht Schule |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 29.10.2024) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 02.11.2024, 13:39 |
L-1: Zukunft macht Schule
Antragstext
Ein erfolgreiches Bildungssystem sorgt dafür, dass wir uns entfalten können,
Selbstwirksamkeit erleben und eigenverantwortliches Handeln lernen. Eine gute
Bildung ist eine inklusive Bildung - mit einem Blick für die Bedürfnisse der
Mitmenschen und demnach wichtig für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt, für
ein gutes Miteinander und nicht zuletzt für unsere Demokratie. Dabei ist
inklusive Bildung eine Bildung, die auf die individuellen Kompetenzen aller
Schüler:innen eingeht. Ein fortschrittliches Bildungssystem ist Grundlage für
kluge Ideen in der Zukunft. Mit einer inklusiven und zukunftsfähigen
Schulbildung schaffen wir die Grundlagen für den nachhaltigen Wohlstand von
morgen.
Doch ein zukunftsfähiges Bildungssystem braucht auch die besten
Rahmenbedingungen. Dementsprechend reicht es nicht an einzelnen Stellschrauben
zu drehen, um etwas für gute Bildung in unserem Land zu tun. Wir müssen das
große Ganze fest im Blick haben und daran unsere Schritte für die Schule mit
Zukunft ausrichten.
Unsere rheinland-pfälzische Bildungslandschaft ist geprägt von engagierten
Fachkräften, die tagtäglich die ihnen anvertrauten Kinder, Jugendlichen und
jungen Erwachsenen dabei unterstützen die individuellen Potentiale bestmöglich
zu entfalten. Unsere rheinland-pfälzische Bildungslandschaft ist allerdings auch
vom Fachkräftemangel gekennzeichnet, unter dem nicht nur Lehrer:innen, sondern
auch die Schüler:innen leiden. Zunehmend komplexe Aufgaben müssen auf zu wenige
Schultern verteilt werden. Das sorgt für Frustration und Überlastung.
Vor den Lehrkräften sitzen außerdem von der Pandemie gebeutelte und von Kriegen
und Klimawandel belastete Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die momentan nicht
selten wenig zuversichtlich in die Zukunft blicken und sich vor dem Hintergrund
all dieser Krisen fragen, wofür sie überhaupt noch lernen sollen. Diese mentalen
Belastungen der Kinder und Jugendlichen zeigen sich auch in den Ergebnissen von
PISA, IQB und Co. Die Ergebnisse sind zurecht alarmierend, doch statt darauf mit
noch mehr Druck zu reagieren, wollen wir unser Bildungssystem in Gänze in den
Blick nehmen und es auf wissenschaftlicher Basis einem Realitätscheck
unterziehen.
Die zunehmende Digitalisierung aller Bereiche unserer Gesellschaft wirft
zusätzlich die Frage auf, welche Bildung wir für eine digitale Zukunft brauchen.
Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz werfen bisherige Lehrplaninhalte über den
Haufen, schaffen aber auch die Notwendigkeit für neue Ansätze. Eine zukünftige
Bildungslandschaft muss sich nicht nur den Risiken einer digitalen Welt widmen,
sondern auch junge Menschen befähigen, die Chancen der Digitalisierung zu
nutzen. Dabei muss analoges und digitales Lernen zusammengedacht werden:
Individuelle Förderung benötigt ihren Platz genauso wie das Erleben von
Miteinander und das Diskutieren und Ringen um gute Lösungen in der Gruppe.
Digitale Angebote müssen zielgerichtet eingesetzt und barrierefrei ausgestaltet
werden.
Alle im Folgenden aufgeführten Ideen und Maßnahmen sollen dazu dienen, Schulen
zukunftsfähig zu machen. Sie versuchen Antworten auf die zunehmende
Heterogenität in unseren Schulklassen, auf Armut als Bildungshemmnis, auf
Sprachprobleme, den Fachkräftemangel, auf die Notwendigkeiten der
Digitalisierung sowie das Durchbrechen der von sehr vielen Kindern, Jugendlichen
und jungen Erwachsenen empfundenen Perspektivlosigkeit. Wir geben also eine
Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit und zeigen unseren Weg zu einer
gerechten, nachhaltigen und inklusiven Bildung in Rheinland-Pfalz.
Um allen Kindern einen guten Start in die Schule zu ermöglichen, ist der
Übergang von der Kita in die Grundschule entscheidend. Die Intensivierung der
Bildungspartnerschaft zwischen Kitas und Grundschulen, wie wir sie im neuen
Kita-Gesetz festgelegt haben, war bereits ein wichtiger Schritt in diese
Richtung. Zudem haben wir in der Landesregierung die Schulanmeldung um ein
halbes Jahr vorverlegt, um noch einmal spezifischer diejenigen Kinder in den
Blick nehmen zu können, die unsere Förderung besonders brauchen. Auf diese Weise
gewinnen wir Zeit, diese Kinder umfassend zu fördern, damit der Übergang in die
Grundschule gelingt. Deshalb stärken wir insbesondere die Sprachförderung und
haben die Sprachbeauftragten in unseren Kitas strukturell verankert und
gestärkt.
Zudem wollen wir dafür Sorge tragen, dass es an den Schnittstellen zwischen Kita
und Grundschule sowie Grundschule und weiterführender Schule zu keinen Lücken
und Brüchen bezüglich der Förderbedarfe kommt und die hier notwendigen
Informationen weitergegeben werden. Weiterhin wollen wir insbesondere in den
Grundschulen jahrgangsübergreifende Lerngruppen fest verankern, um der Vielfalt
der Kinder auch tatsächlich gerecht werden zu können.
Es ist längst bekannt, dass ein gutes Lehrkräfte-Schüler:innen-Verhältnis den
Bildungserfolg maßgeblich beeinflusst. Eine den Lernenden zugewandte Lehrkraft,
die begeistert und zum Lernen motiviert, sorgt auch für Begeisterung im
Klassenraum und wirkt sich umgekehrt positiv auf die Arbeitszufriedenheit der
Lehrkraft aus. Es ist daher von großer Bedeutung, insbesondere diejenigen für
den Beruf zu gewinnen, die tatsächlich gerne mit Kindern, Jugendlichen und
jungen Erwachsenen arbeiten. Diese Frage sollte dementsprechend im Studium und
Vorbereitungsdienst immer wieder angesprochen und mit den Erfahrungen in den
Praktika abgeglichen werden.
Das heißt, wir brauchen eine deutlich praxisnähere Ausbildung, die die Pädagogik
in den Vordergrund rückt und unsere Lehramtsanwärter:innen in ihren Fragen zur
Lehrfähigkeit ernst nimmt. Vor diesem Hintergrund wollen wir auch die Einführung
eines dualen Bachelor- und Masterstudiums mit integriertem Vorbereitungsdienst
voranbringen.
Auch inhaltlich wollen wir die Ausbildung stärker an die aktuellen Anforderungen
im Schulalltag anpassen. Differenzierter Unterricht und eine inklusive Pädagogik
sind Maßgabe jedes Unterrichtens. Wir streben ein Stufenlehramt an, in dem nicht
mehr nach Schulformen unterschieden wird, sondern allein nach dem Alter der
Schüler:innen und den damit zusammenhängenden spezifischen Herausforderungen.
Erst- oder Fünftklässler:innen brauchen eine andere Pädagogik als
Achtklässler:innen oder Oberstufenschüler:innen. Das Lehramt nach Altersstufen
zu denken, kommt nicht nur den Schüler:innen zugute, sondern auch den angehenden
Lehrkräften, da sie so besser auf die spezifischen altersbedingten Anforderungen
vorbereitet werden können.
Auf diese Weise stärken wir auch das Grundschullehramt sowie die Grundlagen für
eine bessere individuelle Förderung. Diese Reform des Lehramtsstudiums ist somit
auch ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem einheitlichen Einstiegsgehalt
Besoldungsstufe A13 für Lehrkräfte aller Schulformen auf Basis einer
einheitlichen Studiendauer, die es zu implementieren gilt. Wir werden allerdings
auch weiterhin unabhängig von einer Reform der Lehrkräftebildung für politische
Mehrheiten im Zusammenhang mit der Besoldungsstufe A13 für Alle werben, denn
unsere Grundschullehrkräfte verdienen es auch jetzt schon, adäquat vergütet zu
werden.
Ebenso wichtig für die Zufriedenheit der Mitarbeitenden im Bildungssystem und
den Bildungserfolg der Schüler:innen ist das Schulklima. Schulen sollten Orte
der Zuversicht sein, in denen alle ihre Potentiale bergen und für eine gute
Zukunft lernen. Dementsprechend sollte Schule so gestaltet sein, dass alle an
Schule Beteiligten gerne zur Schule gehen, weil sie sich vor Ort wohl fühlen und
von den jeweiligen Begegnungen profitieren. Gute Startchancen sind allerdings
ungleich verteilt. Umso wichtiger ist es, dass Schulen ebenjenen Kreislauf aus
Armut und Bildungsmisserfolg durchbrechen. Programme wie das
Startchancenprogramm sind bereits ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Durch
die gezielte Förderung von Kindern und Jugendlichen in Schulen in sogenannt
herausfordernder Lage soll der Bildungsungleichheit Einhalt geboten werden. Ziel
einer guten Bildungspolitik sollte aus unserer Sicht jedoch sein, dass es
künftig keine Schulen in herausfordernder Lage mehr gibt.
Für uns ist klar: Mehr Durchmischung schafft mehr Chancen, ist gut für die
Integration neu zugewanderter Kinder und Eltern, für die Sprachförderung, für
das soziale Lernen und letztlich auch für unsere Demokratie. Auch in der Bildung
sollte also ein Solidarprinzip gelten und Schüler:innen aus armutsgefährdeten
und nicht-armutsgefährdeten Milieus zusammenkommen, um so das Beste für alle zu
erreichen. Auf diese Weise tragen wir nicht nur zu einem guten Schulklima für
alle bei, sondern sorgen auch dafür, dass bisher stigmatisierte Schulen zu
beliebten Schulstandorten werden.
Unsere Integrierten Gesamtschulen machen es vor und sind hier beispielgebend.
Dementsprechend wollen wir Hürden bei der Gründung neuer Integrierter
Gesamtschulen abbauen und auch hier endlich für Chancengleichheit sorgen. Dies
entspricht nicht nur unserer Forderung nach längerem gemeinsamen Lernen, sondern
auch dem Willen der Eltern und Schüler:innen, wie die Anmeldezahlen Jahr für
Jahr zeigen.
Ein gutes Schulklima beugt auch Konflikten und Mobbing vor und stärkt den
Teamgedanken in der Schülerschaft. Wir wollen alle Akteur:innen in der Schule
dazu ermutigen, sich für mehr Zivilcourage einzusetzen. Kinder, Jugendliche und
junge Erwachsene dürfen nicht länger die Verantwortung dafür tragen, sich gegen
jede Form der Gewalt zu wehren, sondern die gesamte Schulgemeinschaft sollte
ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Streitschlichter:innen, Mediator:innen
und Supervisor:innen sollten selbstverständlicher Teil des Schullebens werden.
Die ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist der Kompass:
Inklusion ist ein Menschenrecht. Dieses Menschenrecht dürfen wir nicht länger
verwehren. Im Rahmen der Schulordnung für den inklusiven Unterricht sind wir
dieses Jahr einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gegangen. Nunmehr
gilt, dass neu gegründete öffentliche Schulen grundsätzlich inklusive Schulen
sein sollen und setzen damit ein klares Zeichen, dass Inklusion künftig die
Regel und weniger die Ausnahme sein wird. Zusätzlich sind wir einen ersten
Schritt hin zu einem inklusiven Schulanfang gegangen. Zudem werden etwaige
Förderbedarfe nunmehr immer wieder überprüft, um den Kindern tatsächlich die
Förderung zukommen zu lassen, die sie brauchen. Das Ziel ist dabei stets die
Rückkehr an die allgemeine Schule, wo immer dies möglich ist, und das
Orientieren am Abschluss der Berufsreife bei erschwerten Bedingungen des
Lernens.
Das sind wichtige Schritte. Wir müssen uns aber weiter dafür einsetzen, dass
inklusiver Unterricht gelingt. Gemäß den Leitzielen des Landesaktionsplans zur
Umsetzung der UN-BRK muss Inklusion im schulischen Kontext also noch sichtbarer
für alle Beteiligten ausgestaltet werden. Dementsprechend brauchen wir für
multiprofessionelle Teams an Schulen deutlich mehr Förderschullehrkräfte, gut
ausgebildete Pädagogische Fachkräfte und Integrationsfachkräfte im Regelsystem.
Die grundständige Ausbildung mit inklusionspädagogischen Inhalten muss zum
verpflichtenden Thema in der gesamten Lehramtsausbildung, Fort- und
Weiterbildung an den Universitäten und in den Studienseminaren werden.
Auch die Integrationshelfer:innen wollen wir stetig weiterqualifizieren und
landesweit geltende Standards mit unseren fachlich zuständigen Hochschulen
erarbeiten. Zudem sehen wir Vorteile darin, wenn bei den Schulen
Integrationshelfer:innen fest zugewiesen sind. Darüber hinaus brauchen wir
Förderschullehrkräfte, die fest an ihrer Schule verankert sind und nicht als
Aushilfen in verschiedenen Schulen eingesetzt werden. Auch Doppelstrukturen
müssen auf den Prüfstand. Förderschulen sollten die Ausnahme sein.
Förderschüler:innen mit dem Förderschwerpunkt Lernen sollten vorrangig
wohnortnahe Regelschulen besuchen. Gleichzeitig wollen wir einen Ausbau
inklusiver Schulen, ausgeweitet auf alle Schularten.
Für den Lernerfolg ist ebenso wirksam und wichtig, dass wir Lernende in die
Unterrichtsgestaltung einbinden, ihre Interessen berücksichtigen und sie auch so
am Schulleben beteiligen. Mit diesem prüfenden Blick werden wir uns die
Rahmenlehrpläne kritisch anschauen, sowie Lehrkräfte ermutigen, eigene Akzente
zu setzen, einzelne Themen im Interesse ihrer Schüler:innen intensiver zu
bearbeiten als andere und mit innovativen Unterrichtsansätzen zu
experimentieren. Entschlackte Lehrpläne unter Berücksichtigung des pädagogischen
Konzepts der Bildung für nachhaltige Entwicklung und der globalen
Nachhaltigkeitsziele geben mehr Raum für Demokratiebildung, Soziales Lernen,
Reflexion und stärken ein gutes Miteinander. Somit erfahren die Lernenden
Selbstwirksamkeit. Auch für notwendige Individualisierungen und Lernphasen nach
eigenem Tempo kann so mehr Platz geschaffen werden.
Zu einem modernen Unterricht zählt auch eine moderne Feedbackkultur. Lernende
wollen Feedback und Wettbewerb. Was sie allerdings weder brauchen noch wollen,
ist eine Leistungsfeststellung in Form von Tests und Klausuren, die ihnen zwar
ihren aktuellen Status Quo im Klassengefüge durch eine Ziffernbenotung aufzeigt,
ihnen jedoch darüber hinaus weder Auskunft zu ihren individuellen
Lernfortschritten gibt, noch aufzeigt, an welchen Stellschrauben gedreht werden
kann, um individuell besser werden zu können. Wir setzen uns für ein modernes
Verständnis der Leistungsbeurteilung ein. Eine Note alleine ermöglicht den
Lernenden keine Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten.
Neben der traditionellen Leistungsbewertung durch Ziffernoten möchten wir
individualisiertes Feedback als zweite Säule der Leistungsfeststellung
etablieren. Dieses personalisierte Feedback ermöglicht es jedem Lernenden, seine
Fortschritte zu erkennen und Lernschwierigkeiten frühzeitig zu identifizieren.
So schaffen wir die Grundlage für individuelle Verbesserungen und Erfolge, was
die Motivation der Lernenden erheblich steigert.
Unser Ziel ist es, ein modernes Verständnis der Leistungsbeurteilung zu fördern.
Dazu gehört auch eine größere Vielfalt an Formen der Leistungsfeststellung.
Diese Vielfalt wollen wir unterstützen, indem wir die Lehrkräfte durch gezielte
Fortbildungen qualifizieren und für eine angemessene zeitliche Entlastung
sorgen. Durch eine ergänzende Förderdiagnostik erkennen wir individuelle Bedarfe
frühzeitig und können notwendige Unterstützungsmaßnahmen etablieren.Um dies zu
ermöglichen, setzen wir auf landesweite Standards und Systematiken.
Um die Ergebnisse der Lern- und Schlafforschung endlich ernst zu nehmen, möchten
wir auf die Frage nach späteren Schulanfängen und Gleitzeitmodellen Antworten
geben. Modellprojekte in diesem Bereich wollen wir unterstützen. Bestehende
Buslinien und ÖPNV-Takte dürfen nicht den Unterrichtsbeginn diktieren.
Gegebenenfalls kann es hier auch zu Entlastungen des ÖPNV in Stoßzeiten kommen.
Unsere Schullandschaft ist im Wandel und muss sich stärker daran orientieren,
was wirklich zum individuellen Bildungserfolg beiträgt. Diesen
Veränderungsprozess wollen wir auf Grundlage von wissenschaftlichen
Erkenntnissen voranbringen und dafür einen wissenschaftlichen Beirat fest beim
Bildungsministerium verankern.
Das Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) ist eine große Chance, noch einmal
gezielter in den Ganztag zu investieren. Schüler:innen profitieren von der
Ganztagsschule wenn es gelingt, am Nachmittag kind- und jugendgerechte Angebote
zu präsentieren. Das beginnt mit einem hochwertigen und gesunden Mittagessen
entlang der DGE-Standards für alle unabhängig vom Geldbeutel der Eltern.
Wir setzen auch weiterhin auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Schulen als Teil
von regionalen Bildungslandschaften, Trägern der Kinder- und Jugendhilfe,
Vereinen, Musikschulen und Kunst- und Kulturschaffenden, um den Kindern ein
breites Angebot an Bewegung, Musik, Kunst, Kultur, Natur, Spiel und Spaß im
Ganztag zu bieten. Da es hier leider allzu oft an zeitlichen und personellen
Ressourcen scheitert, müssen auch hauptamtliche Kräfte für die Gestaltung des
schulischen Ganztags gewonnen werden. Dies gelingt nur bei angemessener
Bezahlung und absichernden Arbeitsverträgen.
Der Ganztag bietet Kindern und Jugendlichen aber auch die Chance, ihre
Lehrkräfte in einem anderen Kontext neu und anders kennenzulernen: in Projekten,
beim Sport, beim Musizieren, beim Basteln, beim Fußball, bei der Gartenarbeit,
beim Bau einer Hütte. Das stärkt die Bindung innerhalb der Schulgemeinschaft und
wirkt sich wiederum positiv auf den Unterricht und das Schulklima im Ganzen aus.
Dementsprechend brauchen wir die Lehrkräfte auch im Ganztag. Ganztagsunterricht
darf nicht nur von PES-Kräften und anderen Vertretungs-/Lehrkräften abgedeckt
werden.
Sprache ist der Schlüssel zur Welt und wichtig für die Integration. Nur wer
deutsch versteht, schreiben und lesen kann, ist in der Schule langfristig
erfolgreich. Daher ist es richtig, dass wir in den letzten Jahren über 90
Millionen Euro in die Sprachförderung an Kindertagesstätten und Schulen
investiert haben. Auch im Rahmen der vorgezogenen Schulanmeldung legen wir ein
besonderes Augenmerk auf die Sprachfähigkeiten der Kinder, weil wir wissen, wie
wichtig die frühe Sprachbildung für den Bildungserfolg ist. Umso wichtiger ist
es, dass wir möglichst viele Kinder erreichen. Dementsprechend muss der Ausbau
der Kita-Plätze Hand in Hand gehen mit vereinfachten Anmeldeverfahren, leicht
zugänglichen Hilfestellungen bei der Anmeldung von Kindern, sowie der direkten
Ansprache all derjenigen Eltern, die das Angebot entweder nicht kennen oder
nicht wissen, wie sie für ihre Kinder Kita-Plätze bekommen.
Wir wehren uns weiterhin gegen die Einführung von Deutsch-Intensivklassen, in
denen Kinder und Jugendliche mit keinen oder geringen Deutschkenntnissen
isoliert von allen anderen Schüler:innen Deutsch lernen, bevor sie am
Regelunterricht teilnehmen. Stattdessen setzen wir auch künftig auf die Mischung
aus Deutsch- und Regelunterricht, damit die betroffenen Schüler:innen sich von
Beginn an als selbstverständlichen Teil der Schulgemeinschaft fühlen. Doch auch
hier gilt: Das sogenannte Sprachbad gepaart mit Deutschintensivkursen
funktioniert am besten in Schulen und Klassen, in denen die Mehrheit der
Schüler:innen Deutsch im Alltag gut sprechen. Auch hier stellen dementsprechend
durchmischte Schulen einen Vorteil für die Lernenden dar.
Guter Unterricht ist aus unserer Sicht immer und unweigerlich mit der Frage des
„Wie geht es nach der Schule weiter?“ verknüpft. Kinder, Jugendliche und junge
Erwachsene brauchen ein Ziel vor Augen, etwa in Form eines Berufswunschs, für
den es sich zu lernen lohnt. Daher spielt auch die Berufs- und
Studienorientierung ab dem Jugendalter eine wesentliche Rolle und sollte stets
die Lernbiographie beratend begleiten, damit Lernen zielgerichteter stattfindet.
Überall dort, wo es sich die Schulgemeinschaft wünscht, sollten Praxistage
unbürokratisch in den Schulalltag aller Schulen integriert werden können. Vor
diesem Hintergrund wollen wir Schule und Ausbildung auch zunehmend zusammen
denken und im Rahmen von dualen Oberstufen Schüler:innen ermöglichen, parallel
zur Schule eine Ausbildung zu absolvieren, so dass sie am Ende bestenfalls ein
Abitur und einen Gesellenbrief in Händen halten können. Hierfür wollen wir
geeignete Unternehmen und Schulstandorte identifizieren und erste Angebote auf
den Weg bringen. Dabei orientieren wir uns an funktionierenden Projekten in
anderen Bundesländern.
Sollte trotz all dieser Ideen und Maßnahmen ein berufsqualifizierender Abschluss
gefährdet sein, müssen wir mit gezielter Förderung einsteigen. Das heißt, wir
wollen speziell für diese Schüler:innen den Ganztag verpflichtend machen und ihn
so gestalten, dass er für die einzelnen Jugendlichen einen tatsächlichen
Mehrwert hat und nicht als Bestrafung für schlechte Leistungen empfunden wird.
Auch wollen wir belastbare Bildungsverlaufsdaten erheben. Kein Jugendlicher darf
mehr das Schulsystem verlassen, ohne dass wir wissen, wo er oder sie am Ende
gelandet ist. Nur so können wir unterstützend eingreifen und altersunabhängig
begleiten und fördern. Dies gilt genauso für junge Geflüchtete, die
beispielsweise auf Grund ihres Alters nicht mehr schulpflichtig sind, aber
dennoch auf eine gute Schulbildung und einen Abschluss für eine gute Zukunft in
Deutschland angewiesen sind. Auch diese dürfen nicht durch das Raster der
Förderung fallen, weshalb wir ihnen das Recht auf Beschulung bis zum 25.
Lebensjahr in geeigneter Form einräumen wollen.
Lehrkräfte brauchen Entlastung und wünschen sich mehr Zeit für den Unterricht
sowie für individuelle pädagogische Begleitung und Elternarbeit. Im Moment
überfrachten wir Lehrkräfte mit Verwaltungs- und Organisationstätigkeiten: sie
organisieren Klassenfahrten, holen mühsam Genehmigungen ein, sammeln Gelder ein
oder klären in Dauerschleife mit den Eltern schulorganisatorische Fragen. All
das sind Aufgaben, für die es kein Lehramtsstudium braucht und die wir auf
Schulverwaltungsfachkräfte auslagern wollen. Analog zur Schulsozialarbeit wollen
wir auch für Schulverwaltungsfachkräfte ein Landesprogramm zur Entlastung der
Schulträger vorantreiben. Zudem wollen wir Lehrkräften mehr Möglichkeiten zur
Ausübung ihrer Profession geben. Sie selbst wissen am besten, was ihre
Schüler:innen brauchen und beweisen immer wieder, dass es ihnen nicht an Ideen
mangelt, Schulen zukunftsfest und am Kind orientiert zu gestalten. Wir wollen
ihnen die hierfür nötigen Freiräume geben und wehren uns gegen jede Form der
weiteren Zentralisierung, die diese Freiräume wieder begrenzt.
Die Arbeit der Schulleitungen wird immer vielschichtiger. Im Rahmen einer
Qualifizierungsoffensive wollen wir sie insbesondere in den Bereichen Personal-
und Organisationsmanagement unterstützen. Konrektor:innen und dauerhaft besetzte
Sekretariate von Mo-Fr sollten außerdem in allen Schulformen die Regel und nicht
die Ausnahme sein.
Multiprofessionelle Teams sind mehr als Schulsozialarbeit oder
Schulverwaltungskräfte. Wir wollen allen Schulen ermöglichen, neben den
Fachlehrkräften und Förderschullehrkräften auch dauerhaft
Schulgesundheitsfachkräfte, Integrationsfachkräfte, therapeutische Fachkräfte,
Lehrkräfte für Deutsch als Zweitsprache, Digitalcoaches sowie Jobfüchse
unbürokratisch in ein für sie passendes Schulteam einzubauen. Auch so entlasten
wir unsere Lehrkräfte und Schulleitungen. Die Zusammenarbeit mit der Kinder- und
Jugendhilfe muss da, wo es sinnvoll ist, vielfältiger und flexibler ausgestaltet
werden können, um allen Empfänger:innen das bestmögliche Angebot zu bieten.
Im Rahmen der Schulgesetz-Novelle haben wir wichtige Grundlagen für digitale
Lehr- und Lernsysteme als Bestandteil des regulären Unterrichts geschaffen.
Unser Ziel ist es, Schüler:innen kritisch-reflexiv an neue Technologien
heranzuführen, sowie Lerninhalte interaktiv und barrierefrei entlang ihrer
Lebenswelt zu vermitteln. Hierfür brauchen wir eine leistungsfähige
Infrastruktur, technischen Support und gut geschulte Lehrkräfte. Aber
Digitalisierung in der Bildung ist mehr als die Verfügbarkeit von Hardware und
mehr als das Erlernen der Nutzung von Geräten. Statt also das Lernen nur digital
zu stützen, indem wir beispielsweise E-Books statt herkömmlicher Bücher nutzen,
wollen wir Lehr- und Lernprozesse unter den Bedingungen einer Kultur der
Digitalität von Anfang an neu denken. Lernen wird auf diese Weise
kollaborativer, selbstständiger, individueller, bedürfnisorientierter und damit
inklusiver. Lehrkräfte geben in dem Zusammenhang für einzelne Themengebiete nur
den Rahmen vor und begleiten ihre Schüler:innen im weiteren Prozess, statt ihnen
das Wissen selbst konkret zu vermitteln. So erarbeiten sich künftig
Schüler:innen Teile des Schulstoffs auch individuell. Währenddessen generieren
Algorithmen zusätzlich passgenaue weitere Übungen und Vertiefungsaufgaben. Was
wir bereits von Computerspielen kennen, lässt sich so auch auf Schule
übertragen. Auf diese Weise gelingt der Lernsoftware also, was Lehrkräfte im
Alltag oft überfordert: Sie bietet stets angemessen schwierige, aber lösbare
Herausforderungen auf der nächsten Lernstufe an.
Wir sehen in der Digitalisierung und in einer Kultur der Digitalität auch das
Potential, unsere Schulen chancengerechter zu gestalten, Prozesse wie die
Unterrichtsplanung und Unterrichtsgestaltung, Korrekturen sowie die
Kommunikation mit den Eltern zu erleichtern und auf diese Weise Freiräume für
unsere Lehrkräfte, pädagogischen Fachkräfte, Führungs- und Verwaltungskräfte zu
schaffen. Dabei muss durchgehend die digitale Barrierefreiheit umgesetzt werden,
um allen einen Zugang zu gewähren und die Potentiale der Digitalisierung voll
auszuschöpfen.
Damit dies gelingt, werden wir für eine verpflichtende fortwährende Fort- und
Weiterbildung von Schulleitungen und Lehrkräften im digitalen Bereich sorgen und
uns dafür stark machen, dass die Finanzierung einer besseren digitalen
Ausstattung der Schulen ressourceneffizient, zielgerichtet sowie mithilfe von
Bundesmitteln fortgeführt wird. Den Lehrkräften wollen wir zukünftig auch
außerhalb von Fortbildungsangeboten Digitalcoaches zur Seite stellen, die bei
alltäglichen Fragen medienpädagogisch versiert unterstützen.
Modern gestaltete Schulgebäude mit Rückzugsbereichen, Möglichkeiten zur
Umsetzung innovativer Unterrichtskonzepte, umfassende Barrierefreiheit sowie
grüne, naturnah gestaltete Außenbereiche mit viel Raum für die eigenen
Bedürfnisse sind unerlässlich für die Umsetzung all dieser Ideen. Im Rahmen des
Kommunalen Investitionsprogramms Klimaschutz und Innovation (KIPKI) erhalten
Schulen auf unkompliziertem Wege Fördermittel etwa zur Entsiegelung der
Schulhöfe, für mehr Bäume und Pflanzen sowie schattige Rückzugsorte, damit
Schule ein lebenswerter Ort wird.
Diesem Ziel haben wir uns auch bei der inhaltlichen Ausrichtung der neuen
Schulbaurichtlinie verschrieben und mit Erfolg dafür gesorgt, dass moderne
Pädagogik und Schulinfrastruktur gemeinsam gedacht werden und im Rahmen eines
breiten Beteiligungsprozesses gemeinsam gestaltet werden kann. Nichtsdestotrotz
verzeichnen wir einen massiven Sanierungsstau, den die Kommunen nicht mehr
allein stemmen können. Daher machen uns für ein Landesprogramm zur Sanierung
unserer Schulgebäude stark.
Begründung
erfolgt mündlich
Unterstützer*innen
- Tobias Lindner (KV Germersheim)
- Tabea Rößner (KV Mainz)
- Lea Siegfried (KV Kaiserslautern)
- Jutta Paulus (KV Neustadt/Wstr)
- Sarah Rößel (KV Ahrweiler)
- Julian Joswig (KV Rhein-Hunsrück)
- Josef Winkler (KV Rhein-Lahn)
- Katrin Eder (KV Mainz)
- Pia Schellhammer (KV Mainz-Bingen)
- Katharina Binz (KV Mainz)
- Jutta Blatzheim-Roegler (KV Bernkastel-Wittlich)
- Lisett Stuppy (KV Donnersberg)
- Carl-Bernhard von Heusinger (KV Koblenz)
Kommentare
Elke Lambert:
Christine Geiger: